Über Robert – Deutsch

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Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Berliner Nachtclub, und ein Typ mit einer Gitarre und einem schelmischen Blick rauscht herein mit einem Stapel Songs. Er kommt aus Oklahoma, mit vielen Zwischenstopps auf der ganzen Welt. Er verbreitet eine quirlige Energie, die aber auch gleichzeitig beruhigend wirkt, so als habe er Zugang zu einem geheimen Ort. Draußen regnet es in Strömen, aber drinnen in der Bar ist es warm und die Bühne ist beleuchtet. Er holt seine Gitarre heraus und streift an Ihnen vorbei. Jemand fragt:

 

„Was spielst Du heute?“

„Alles.“

 

Die Musik von Robert Williams ist eine Mischung aus Anmut und Wahrheit. Er weiß, wo sich die wilden Dinge abspielen und auch, wo sich das stille Herz verbirgt. Seit seinem 19. Lebensjahr schreibt Robert Lieder, zählt Woody Guthrie und Levon Helm zu seinen Einflüssen, und verarbeitet dabei all dies mit den Rhythmen eines weisen Mannes und dem Frohsinn eines Poeten.

 

Er wurde in Oklahoma geboren, in jener Gegend, wo die Figuren John Steinbecks die täglichen Kämpfe des kleinen Mannes gegen ihr Schicksal bestritten. Robert ist ein Wanderer, der auf seinem langen Weg durch die Kaschemmen von Kansas City und Austin bis hin zu den verlockenden Kneipen in Berlin Lieder gesammelt und verarbeitet hat.

 

Seit den siebziger Jahren hat Robert seinen eigenen Stil entwickelt, eine meisterliche Mischung aus Folk, Blues, Rock, mit einem Schuss europäischer Musiktradition. Während des Kalten Krieges spielte er in Berliner Clubs wie dem „Go-In“ und dem „Folkpub“. Er war dort ein lebhafter Funke in der Szene, eine Stimme in dem Mosaik von dem, was einmal war und was an dessen Stelle trat. Der Berliner Musikkritiker Peter Müller ist überzeugt, dass Robert und sein langjähriger kreativer Weggefährte Wayne Grajeda aus der Musikgeschichte der Stadt nicht mehr wegzudenken sind und lobt deren musikalisches Können, ihr Talent als Songschreiber und ihre Originalität.

Roberts Lebensweg führte ihn schließlich nach Kairo, wo er an der dortigen American University als Linguist tätig war. Aus dieser Distanz, und im Anschluss an die Ereignisse des 11. Novembers, hatte Robert durchaus Provokantes zum amerikanischen Alleingang zu sagen und dazu, was die Tragödie aus seinem Heimatland gemacht hat. Sein erstes Soloalbum State Secrets (2004) wurde in Nashville von George Marinelli Jr., dem Gitarristen der Bonnie Raitt Band, produziert. Im Dezember 2010 bezeichnete die „Oklahoma Gazette“ State Secrets als eines der zehn bedeutendsten Alben des Jahrzehntes eines Künstlers aus Oklahoma:

 

„Williams’ Weg als hauptberuflicher Sänger schien zunächst vorgezeichnet. Dann besann er sich aber eines Besseren. Auch wenn sich der Mann aus Oklahoma City für einen bürgerlichen Beruf in Ägypten entschied, blieb er doch als Songschreiber einer der besten, die der Großraum Oklahoma City je hervorgebracht hat.

Mit nur zwei Titeln, „The Quiet American“ und „How Long (Till The End Of The World)“ erläutert er das vergangene Jahrzehnt besser als jeder andere.“

 

Roberts Gitarren- und Mandolinenspiel ist gefühlvoll und forsch. Aber in seinen Songs kommt es immer auch sehr auf den Text an, wie die Worte zueinander passen, zusammen klingen, wie sie sich aneinander reiben, wie sie wirbeln und tanzen. Roberts Texte entführen den Zuhörer in eine andere Sphäre und bringen ihn reicher in seine eigene zurück. Es sind kleine Welten voller Sehnsüchte, Wunder und sehr persönlicher Eindrücke.

 

I was out on the road late last night, from Memphis bound for heaven

The headlights were flashing messages that were only meant for me

Telling me a man’s got to Burma Shave and that Jesus died for my sins

Well darling this must be true

Cause how else in the world could a sinner like me

End up in the arms of an angel like you

All diese kleinen Welten leben in dem Berliner Nachtclub wieder auf, wenn der Mann mit dem schelmischen Blick und dem Stapel Songs ans Mikrophon tritt. Das Publikum rückt vor der Bühne zusammen, es wird still, der Barmann faltet seinen Wischlappen. Der erste Ton erschallt, das Licht wird gedämpft, und draußen prasselt der Regen nieder.

 

Jeffrey Fleishman, Los Angeles, CA

Übersetzung: Joachim Noske, Berlin